Archiv 2013/14

Alice im Wunderland

von Roland Schimmelpfennig

Premiere: 22. Juli 2014
Akademietheater

Musikalische Leitung: Tobias Peschanel 
Inszenierung: Levin Handschuh
Bühne und Kostüm: Katharina Kreßler
Dramaturgie: Clio Unger
Maske: Stefanie Bartko

Mit Konstanze Fischer, Veronika Hörmann, Barbara Krzoska, Theresa Martini, 
Antonia Welke

Lewis Carroll's Alice in Wonderland erzählt die Geschichte des Erwachsenwerdens in einer "verrückten" Welt. Erstickt vom staubigen Viktorianismus ihres Elternhauses flieht Alice durch den Kaninchenbau ins Wunderland. Und eine Verrücktheit löst die andere ab: Figuren wie der Hutmacher, die Grinsekatze und die Herzkönigin zeigen Alice ein Fantasiereich, das zunächst nach großer Freiheit aussieht. Schnell wird jedoch klar, dass es hier um eine Welt geht, in der gesellschaftliche Regeln und Konventionen radikal zu Ende gedacht werden. 

Für Alices Abenteuer gibt es viele Deutungen. Während manche das Ganze für ein Spiel mit mathematischer Logik halten, betonen andere die psychoanalytischen Untertöne der Geschichte. Und wieder andere schwören darauf, dass es sich bei der Erzählung um die ausführliche Beschreibung eines LSD-Trips handelt. Lewis Carroll selbst betont die Entstehung der Geschichte: die einzelnen Episoden seien allein zum Zeitvertreib bei nachtmittäglichen Bootsfahrten entstanden und waren eher als flüchtigen Momentaufnahmen gedacht. Schriftlich fixiert hat er sie erst Jahre später. 

Vielleicht ist es der Vielseitigkeit und Universalität des Stoffes zu danken, dass sich seitdem zahlreiche Alice-Adaptionen ins Gedächtnis der Popkultur eingeschrieben haben. Von Walt Disney bis Tim Burton – jede Neuinterpretation entwirft ihre eigene Bildwelt und eine ganz eigene "Verrücktheit". In Levin Handschuhs Diplominszenierung wird das Wunderland zum Einbrecher. Nicht länger fernes Fantasiereich, fällt es ein in Alices Zuhause. Die beiden Welten treffen zusammen, reiben sich aneinander, ineinander und vielleicht auch aneinander auf. Roland Schimmelpfennings sprachlich virtuose Fassung bietet den Hintergrund für ein Spiel mit Identitäten: Was macht uns zu der, die wir sind? Inwiefern konstruieren, performen und behaupten wir uns selbst? 

Auch in der Komposition wird dieses Ineinanderwirken der Welten erfahrbar. Die Musik schwankt zwischen Extremen: Kammermusik und Elektro-Klänge kämpfen um die Oberhand und die Frage nach dem Gewinner wird letztlich zur Frage der Selbstbehauptung. Welche Realität darf gelten? Wessen Geschichte darf erzählt werden? Das Wunderland wird zum Abgrund, der die Instabilität einer als sicher geltenden Bürgerlichkeit enttarnt und gleichzeitig den Wunderland-Gedanken in seiner Radikalität entlarvt. Durch ein Wechselspiel von Sprache, Maske und Musik entsteht ein popkulturelles Kaleidoskop das die Fragilität unserer Realitäten verzerrt, vergrößert und wiederspiegelt. 

EigenArten: Arsenikblüten

Musiktheater in drei Teilen

Uraufführung: 18. Juli 2014
St. Lukas Kirche, Mariannenplatz 1, 80538 München

Komposition: Diana Syrse
Inszenierung:  Annalena Maas 
Video: AllezAllez
Theologische Mitarbeit: Anne Gilly

Mit: Sara Tamburini,  Michael Lachmayr, Serena Aimo, Tom Smith, María José Rodriguez, Dora GarcidueNas

Es singt der Isura Madrigal Chor unter der Leitung von Johannes Buxbaum

Die junge Danielle kommt in eine Kirche. Ihr Leben hat sich durch ein traumatisches Erlebnis grundlegend verändert, und so sucht sie am Ort ihres Glaubens nach Hilfe. Doch statt klare Antworten zu finden, lernt sie neue Ebenen ihrer eigenen Persönlichkeit kennen. Dadurch wird ihre Auseinandersetzung mit Gott zu einer Auseinandersetzung mit ihrem Glauben und führt schließlich zu einer Suche nach einem neuen Lebensweg.

In dem Musiktheaterstück Arsenikblüten folgt das junge Künstlerkollektiv den Spuren der Protagonistin, um das Verhältnis von Glaube und Zweifel sowie von Sakralem und Profanem auszuloten.

Für diese Reise wurde ein dramatischer Text geschaffen, auf dessen Grundlage eine neue Komposition von der mexikanischen Komponistin Diana Syrse entstanden ist. Die Musik bezieht die besonderen Gegebenheiten des speziellen Aufführungsortes mit ein und integriert sowohl die Orgel als auch die Möglichkeiten des Kirchenchores. Diese traditionellen Elemente kombiniert Syrse mit zeitgenössischer Musik wie Elektronik und Klangexperimenten. Inszeniert wird der komplexe Text im großzügigen Kirchenraum von St. Lukas und verbindet dadurch die Institutionen Kirche und Theater.

L'Olimpiade - ein Spiel?

Musiktheater mit Werken von Vivaldi bis Offenbach und Live-Elektronik

Premiere: 10. Juli 2014
Reaktorhalle

Musikalische Leitung: Eva Pons
Inszenierung: Martina Veh
Bühne: Anika Söhnholz
Kostüme: Anna Sophie Howoldt
Dramaturgie: Nikolaus Witty
Live-Elektronik: Gunnar Geisse

Mit: Eric Ander, Heeyun Choi, Marios Sarantidis, Jaewon Yun, Anna-Maria Thoma, Danae Kontora, Ingyu Hwang, Nadja Steinhart 

"Krieg ohne Kanonendonner" – so beurteilte George Orwell 1941 den internationalen Leistungssport. Würden wir das heute auch unterschreiben

Beispielhaft nahe liegen Sport und Kriegsbereitschaft in den filmischen Bildern von Leni Riefenstahl beisammen, die 1936 meisterhaft Ideologie und Begeisterung transportierten. Zu jeder Zeit warfen die Spiele durch weltumfassende Krisenherde und terroristische Bedrohungen Grundsatzfragen auf. Was also bieten die olympischen Spiele der Neuzeit, ein idealistisches Projekt des 19. Jahrhunderts: Unterhaltung, Kampfgeist oder Gemeinschaftsgefühle auf Abruf? Großveranstaltungen, wie sie im Vier-Jahres-Rhythmus vom Internationalen Olympischen Komitee veranstaltet werden, liefern auch heute Prestige und politischen Zündstoff gleichermaßen. Der Olympische Gedanke ist vor Instrumentalisierung nicht gefeit, sei es für die Werbung von Weltkonzernen oder von Staatssystemen. Vor dem Hintergrund von Dopingskandalen, IOC-Knebelverträgen und Milliardendeals für TV-Übertragungsrechte, was bedeuten da Vokabeln wie Sportsgeist? Fairness? Gesundheit? Freiheit?

Das Bild des Helden, eines gesunden Menschen, eines Siegers wirft auch heute aktuelle Fragen auf, individuell in den Biographien des Athleten im Leistungssport sowie angesichts der "unsportlichen" Mitglieder der Gesellschaft: immer nah und intim am Körper des Sportlers, doch durch unüberwindbare Barrieren wie Flachbildfernseher, Public Viewing und Stadionarchitektur abgetrennt. Wie die technologische Perfektionierung von Messungsmethoden im Hochleistungssport gewinnt auch die Leistungsbeurteilung im Alltag an Popularität. 2011 in München hat sich Deutschlands erste Quantified-Self-Gruppe gegründet, deren Methoden von "Lifelogging, lifecaching, lifestreaming" über "Psychological self-assessments" und "Medical self-diagnostics" bis zu "Personal genome sequencing" reichen. Sicherlich wäre unsere Welt ärmer ohne die heldenhaften Idealbilder von Erfolg, Potenz und vollendeter Jugend, doch taugen sie wirklich als Vorbilder? 

Ohne Kanonendonner, doch nicht ohne musikalisches Rüstzeug laden wir Sie zu einer musiktheatralen Recherche ein, die auch vor live-Elektronik nicht Halt macht. Als Leistungssportler treten acht Athleten aus dem Master-Studiengang Operngesang an, um sich in verschiedenen Disziplinen zu messen: nicht zuletzt an Passagen des Librettos Die Olympiade von Pietro Metastasio (1698–1782) und dessen zahlreichen musikalischen Umsetzungen von Vivaldi bis Mozart. 

Die Absolventinnen und Absolventen des Masterstudiengangs Musiktheater / Operngesang können auf eine "sportlich" und künstlerisch anspruchsvolle Zeit an der Theaterakademie August Everding zurückblicken, beenden diese mit einer Olympiade und präsentieren dabei Sport für die Ohren!

Martina Veh und Eva Pons setzen gemeinsam Ihre erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Operngesang-Studierenden fort, die 2013 mit der Nürnberger Puppe von Adolphe Adam begann.

Heldenkeller

Heldenkeller ist ein Projekt zum Thema Luftkrieg, das in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Theatermacher Milo Rau entwickelt und im Juli 2014 auf der Unterbühne des Prinzregententheaters gezeigt wurde.

Was ihr wollt

Cross-Over-Projekt des 3.Jahrgangs Studiengang Musical
mit Songs von J. Dowland und anderen

Premiere: 26. Juni 2014
Akademiestudio

Musikalische Leitung: Christoph Weinhardt
Regie: Frieder Kranz
Supervision Bühne und Kostüm: Christl Wein-Engel 
Choreographie: Katja Wachter
Gesangscoaching: Prof. Marianne Larsen

Mit: Oliver Floris, Christina Gösslbauer, Till Kleine-Möller, Sampaguita Mönk, Katrin Paasch, Victor Petersen, Peter Schmid, Marco Toth, Mathias Trattner

EigenArten: Die großen Utopien sind zurück!

Ein Projekt von Fake(to)Pretend und Quid pro Quo

Premiere: 2.6.2014, 20 Uhr
Black Box im Gasteig

Konzeptionsteam und Leitung: Laura Guhl, Benno Heisel, Isabelle Kranabetter, Nikolaus Witty
Bühne: Tobias Fritz 
Video: Dennis Zyche
Musik: Benedikt Brachtel

Wir laden ein zur Konferenz der Future Cities Laboratories und erlauben uns, einen Abend lang groß zu denken. Wir bauen schwimmende Staaten auf dem Meer und zeigen Ihnen, wie ein Mehr an persönlicher, politischer und wirtschaftlicher Freiheit verwirklicht werden kann. Wir konzipieren Start-Up-Städte für die Dritte Welt, die Bildung, Sicherheit und Wohlstand in verarmte und unterentwickelte Regionen bringen.

Sie meinen, die Grenzen des wirtschaftlichen Wachstums sind erreicht? Vertrauen Sie uns: auch dafür haben wir Lösungen. Testen Sie mit uns große utopische Entwürfe auf ihre Zukunftsfähigkeit und investieren Sie in Projekte mit Strahlkraft. Glauben Sie an eine andere, eine bessere Welt. Sie ist nicht nur wünschenswert, sondern - vor allem - realisierbar.

Nach erfolgreichen Produktionen wie Theatervisionen - ein Börsenspiel von Quid pro Quo und Tabu - ein deutsches Gesellschaftsspiel
 von Fake[to]Pretend präsentieren die beiden Gruppen gemeinsam ein Rechercheprojekt zu gesellschaftspolitischen Utopien. Fakten und Fiktion, Spiel und Performance verbinden sich zu einem partizipativen Theatererlebnis: Spielen Sie mit!

Blut am Hals der Katze

Schauspiel von Rainer Werner Fassbinder in einer Spielfassung von Thomas Schmauser 

Premiere: 14. Mai 2014
Akademietheater

Gastspiele:
32. Bayerischen Theatertage: 31.5.2014, 19.30 Uhr, Redoutensaal Erlangen
Theatertreffen deutschsprachiger Schauspielschulen: 1.6 – 7.6. Muffathalle München

Inszenierung, Bühne und Kostüme: Thomas Schmauser 
Musik: Ivica Vukelic 
Dramaturgie:  Patrick Ledderose 

Mit: Martin Borkert, Yael Ehrenkönig, Konstanze Fischer, Simon Heinle, David Lindermeier, Theresa Martini, Judith Neumann, Sara Tamburini, Nicolas Fethi Türksever, Leonie-Merlin Young

Von Menschen, die lieben und hassen, die hoffen und bangen, die einander begehren und quälen, verdammen und brauchen, von Getriebenen einer Gesellschaft, in der das persönliche Glück alles und der andere nichts bedeutet, vom alltäglichen Kampf um eine sinnvolle Existenz in einer sinnentleerten Welt, davon erzählt Rainer Werner Fassbinders 1971 entstandenes Stück Blut am Hals der Katze.

Existenzielle, meist unerträgliche Situationen jagen einander, kaleidoskopartig, oft so brutal und ausweglos, dass die Sprache, mit der die Figuren die Situation zu meistern versuchen, der Größe und Wichtigkeit des einzelnen Augenblicks nicht mehr gerecht werden kann. Immer wieder verirren und verlieren sie sich in kargen Formulierungen, ringen vergeblich um die richtigen Worte, büßen in leeren Floskeln ihre Individualität ein. 

Phoebe Zeitgeist, ein Alien, der von einem anderen Planeten auf die Erde gekommen ist, will die Menschen begreifen lernen, die wie Untote orientierungslos durch eine Welt und ein Leben treiben, wo Träume kaum mehr in Erfüllung gehen. So lebt sie eine Zeit lang unter dieser seltsamen Spezies, deren Sprache sie nicht versteht, obwohl sie die Worte kennt. 

Kopernikus

opéra-rituel de mort von Claude Vivier
Oper in zwei Akten

Premiere: 11. Mai 2014
Reaktorhalle

Musikalische Leitung: Konstantia Gourzi
Inszenierung: Waltraud Lehner
Bühne: Ulrich Frommhold
Kostüme: Katherina Kopp
Licht: Johannes Horras
Dramaturgie: Farina Grieb, Esteban Muñoz

Mit: Danae Kontora, Andromahi Raptis, Luise Höcker, Florence Losseau, Jens Müller, Manuel Adt, Alexander Kiechle und ensemble oktopus für musik der moderne 

"Die Menschheit soll endlich aufhören, sich als Nabel der Welt zu fühlen und die Unendlichkeit zu spüren, die uns Menschen umgibt."  Der kanadische Komponist Claude Vivier nimmt uns in seiner opéra-rituel de mort mit auf eine Reise. Die Gestalt der Feuergöttin Agni begegnet verschiedenen Mythen- und Sagengestalten wie dem Zauberer Merlin, der Königin der Nacht, Tristan und Isolde, einer Hexe, einem alten Mönch oder blinden Propheten sowie Mozart, der Titel gebenden Figur Kopernikus und dessen Mutter. 

Aphrodite

Oper in einem Aufzug von Max Oberleithner (Uraufführung 1912)
Dichtung nach Pierre Louÿs von Hans Liebstoeckl

Premiere: 5. Mai 2014
Gartensaal im Prinzregententheater

Musikalische Leitung: Joachim Tschiedel
Szenische Einrichtung: Levin Handschuh
Klavier: Eva Pons, Joachim Tschiedel

Mit: Josephine Renelt, Nadja Steinhardt, Ludwig Mittelhammer, Carl Rumstadt, Ingyu Hwang und Maria Brunauer 

Mit Max von Oberleithners (1868-1935) Oper Aphrodite präsentiert der Studiengang Musiktheater der Bayerischen Theaterakademie erstmals eine "Oper am Klavier". In dieser neuen Reihe sollen dem Publikum unbekannte Werke des Musiktheaters konzertant vorgestellt werden. 

Das Werk erlebte seine Uraufführung 1912 an der Hofoper in Wien und bedeutete Oberleithners Durchbruch als Komponist. Als Sohn eines reichen Tuchfabrikanten finanziell unabhängig, studierte er privat bei Anton Bruckner Komposition. Pierre Louÿs, dem Oscar Wilde seine Salome widmete, veröffentlichte seinen Roman Ahprodite 1896. Wegen seiner erotischen Bildlichkeit wurde er mehrfach als Oper bearbeitet. Auch Claude Debussy ließ sich für zwei Jahre die Exklusivrechte für eine Vertonung sichern. Hans Liebstöckl, ein in Österreich bekannter Journalist und Kulturkritiker, dramatisierte und konzentrierte geschickt die Handlungsfülle des Romans zum Libretto für Oberleithner. Die Partitur verrät den versierten Musiker, der sich an Vorbildern wie Wagner, Strauss und d’Albert orientiert und dabei gut den lasziv-erotischen Ton des Textes trifft. 

Nach der Aufführung von Mariottes Oper Salomé im vergangenen Februar erfährt die Auseinandersetzung des Studiengangs Musiktheater mit einem literarischen Stoff des französischen Fin de Siècle mit Aphrodite seine Fortsetzung. Am Klavier begleiten Eva Pons und Joachim Tschiedel, der auch die musikalische Leitung hat.

Die Handlung nimmt ihren Anfang auf einem Platz vor dem Tempel der Aphrodite in Alexandria um 200 v. Chr.: Die schöne Kurtisane Chrysis wird von allen Männern begehrt. Chrysis, davon gelangweilt, stellt dem Bildhauer Demetrios drei unmögliche Aufgaben, um sie zu gewinnen. Demetrios geht darauf ein, und das Unheil nimmt seinen Lauf …
 

Philoktet

Texte von Sophokles, Heiner Müller und anderen unter Verwendung der Philoktetes - Übersetzungen von Ernst Buschor und Wilhelm Kuchenmüller.
Texteinrichtung und Bearbeitung: Sapir Heller und Tamara Pietsch.

Premiere: 29. April 2014
Akademietheater

Gastspiel bei den 32. Bayerischen Theatertagen in Erlangen

Inszenierung: Sapir Heller
Bühne und Kostüm: Raissa Kankelfitz
Dramaturgie: Tamara Pietsch 
Komposition und Live-Musik: Kim Ramona Ranalter und Jonathan Huber
Mentor: Prof. Cornel Franz 

Mit: Kim Ramona Ranalter, Samantha Ritzinger, Jenny Schinkler, Sara Tamburini, Jonathan Huber, Leif Eric Young

Der Trojanische Krieg – Tummelplatz der Götter und Helden, Blaupause für den Krieg an sich, den Krieg als Mythos. Der verwundete Philoktet als Ausschussware der Leistungsschlacht, als Versehrter, der für jegliches Heldentum ungeeignet scheint. Ausgesetzt auf der Insel Lemnos fristet er zehn Jahre in Einsamkeit, bis schließlich vor den Toren des noch immer nicht gefallenen Trojas der Orakelspruch ergeht, die Stadt könne nur mit Hilfe Philoktets eingenommen werden. Odysseus und Neoptolemos – der Sohn des Achill – stechen in See, um den einst Aussortierten zu überzeugen, der gottgewollten Verpflichtung folgend aufs Schlachtfeld zurückzukehren. 

In Sapir Hellers Inszenierung wird Philoktet zum aktiven Kriegsverweigerer, zum Hinkebein und Stinkefuß im Gleichschritt des Kriegsalltags. Im Wechselspiel zwischen Sprache, Körper und Musik entsteht eine Kampfzone, die Sophokles und Heiner Müller, Pop-Trash und Hörspielkunst, Choreografie und Improvisation, System und Abweichung aufeinander hetzt. Ein Assoziationsspiel rund um Krieg, Trauma und Terror, rund um den Durst nach Kommunikation und die Ambivalenzen von Gemeinschaftsgefühlen und Individualismen. So entsteht ein Kosmos innerhalb dessen die Grenze zwischen Subversion und Konformismus irgendwo zwischen schiefen Beats, verzerrten Silben und verfehlten Schrittfolgen verläuft. 

Titanic - Schöne Menschen spielen große Gefühle

Stück von Bettina Hamel, Tobias Krechel, Birte Schrein, Stefan A. Schulz und Julia Wieninger

Premiere: 3. April 2014
In Kooperation mit dem Theater Hof
Kantine des Prinzregententheaters 

Inszenierung, Bühne und Kostüme: Levin Handschuh

Mit: Anja Stange, 
Antje Hochholdinger 

Dass Titanic in der Theaterkantine gespielt wird, ist kein Zufall. Die beiden Servicekräfte Elli und Alberta sind glühende Fans des Films Titanic. Am Abend der Oscar-Verleihung fiebern sie vor dem Fernseher. Mit allen Mitteln der Kantine spielen sie den Gegenwert von elf Oscars, inklusive Eisberg und Orchester. Sprechen Sie ruhig die Dialoge mit, die Sie ohnehin auswendig kennen – und lernen Sie, dass keine Special Effects nötig sind, um eine Liebe zu spielen, tief und unendlich wie der Ozean ...

Für mich soll's rote Rosen regnen

Musikalisches Porträt Hildegard Knefs von James Edward Lyons

Premiere: 13. März 2014
Akademiestudio

Musikalische Leitung: John Groos
Inszenierung: Sapir Heller
Bühne und Kostüme: Beata Kornatowska
Dramaturgie: Stefan Herfurth/ Thomas Schindler

Mit: Susanna Mucha, Anja Stange, Kristoffer Keudel

Hildegard Knef machte zu ihren Lebzeiten vor allem durch Schlagzeilen auf sich aufmerksam. Ob nun freizügige Filmauftritte, Liesancen mit verheirateten Männern oder mehrere umstrittene Schönheitsoperationen: Die Knef polarisierte ihr Publikum sowohl in ihrer deutschen Heimat, wo sie abwechselnd gefeiert und angefeindet wurde, als auch in den USA, wo sie weniger erfolgreich in Filmen, dafür aber umso erfolgreicher am Broadway spielte. Heute ist "die beste Sängerin ohne Stimme" (Ella Fitzgerald) auch der jüngeren Generation durch ihre Chansons bekannt, denen eingängige Melodien und selbstreflexiven Texte eigen sind, und die von Hildegard Knef immer mit einem Schuss Ironie vorgetragen wurden.

In Kooperation mit der Bayerischen Theaterakademie August Everding entstand am Theater Hof ein Abend, an dem das Publikum gemeinsam mit den drei Akteuren auf der Bühne die Person Hildegard Knef erforschen, kennenlernen und erfahren kann. Auf diese Weise versuchten die Regie-Studentin Sapir Heller und der Dramaturgie-Student Stefan Herfurth zusammen mit den Schauspielern und dem Pianisten, dem Mythos dieser letzten großen deutschen Diva näher zu kommen und ihn für alle, die er interessiert, verständlich zu machen.

Salomé

Lyrische Tragödie in einem Akt von Antoine Mariotte
Libretto nach dem gleichnamigen Drama von Oscar Wilde
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Premiere: 28. Februar 2014
Großes Haus im Prinzregententheater

Musikalische Leitung: 
Ulf Schirmer
Inszenierung: Balàzs Kovalik
Bühne: Csaba Antal
Kostüme: Angelika Höckner
Dramaturgie: Markus Hänsel
Licht: Peter Platz
Ton: Sebastian Heiland

Mit: 
Anna-Maria Thoma, Idunnu Münch, Nadja Steinhardt, Eric Ander, Heeyun Choi, Ingyu Hwang, Benedikt Eder, Jiaxuan Li, Julia Kessler und dem Münchener Rundfunkorchester

Chor: Julia Aizenberg, Matthias Bein, Frederic Jost, Mirjam Künstner, Konstantin Parnian, Eric Price, Anne Roder, Johannes Rudschies, Peter Vilsmeier, Katharina Wohlgemut

Zur gleichen Zeit wie Richard Strauss schuf auch der 1875 in Avignon geborene Komponist Antoine Mariotte eine Vertonung der Tragödie Salomé von Oscar Wilde. Mit 16 Jahren in die französische Marine eingetreten, war Mariotte zunächst einige Jahre zu See gefahren, bevor er sich entschied, eine Komponistenlaufbahn einzuschlagen. Wildes Theaterstück hatte an dieser Entscheidung nicht geringen Anteil: auf großer Fahrt im Chinesischen Meer erhielt Mariotte 1895 von einem Kameraden eine handschriftliche Kopie des Dramas und begann, inspiriert von seiner Musikalität, sofort mit ersten Entwürfen für ein Libretto. Um den Text schließlich in Musik setzen zu können, quittierte er seinen Dienst bei der Marine und studierte in Paris bei Charles-Marie Widor und Vincent d'Indy Komposition. 1902 begann er ernsthaft, seine Salomé-Oper zu komponieren, die ruhiger, intimer als die opulente Version von Strauss wurde. Mariotte entfernte weitgehend den politischen Aspekt des Wilde-Stückes, strich den Streit der Juden und gestaltete auch die Rolle der Herodias zurückhaltend, sodass sich die Handlung auf das Dreieck Hérode – Salomé – Jokanaan konzentriert. Musikalisch verzichtet er auf die Möglichkeit zur schrillen Überzeichnung der Charaktere, die Strauss mit kompositorischer Wollust ergriffen hat, und entfaltet stattdessen tableauhaft die Atmosphäre der Nacht, in der Salomé auf der Flucht vor den lüsternen Blicken ihres Stiefvaters Hérode ihr eigenes Begehren entdeckt. Den Versuch, dieses auch auf brutale Weise zur Erfüllung zu führen, lässt Mariotte jedoch scheitern: am Ende erlebt Salomé keinen ekstatischen Freudentaumel, sondern bricht in Trauer zusammen, sodass diese Oper zur echten Liebestragödie wird.

Kifferwahn

Musical von Kevin Murphy und Dan Studney
Deutsche Übersetzung von Leon van Leeuwenberg

Premiere: 14.02.2014
Akademietheater

Musikalische Leitung: Andreas Kowalewitz / Dean Wilmington
Inszenierung und Choreographie: Ricarda Regina Ludigkeit
Bühne und Kostüme: Rainer Sinell
Dramaturgie: Judith Altmann

Mit: Nico Schweers, Benjamin A. Merkl, Antonia Welke, Pascal Höwing, Laura Joeken, Veronika Hörmann, Manuel Dengler, Philipp Büttner 

Ensemble: Christina Gößlbauer, Sampaguita Mönck, Katrin Annalena Paasch, Till Kleine-Möller, Victor Petersen, Peter Schmid, Marco Florian Toth

Keyboard: Andreas Kowalewitz / Dean Wilmington; Reed: Luis Ertl; E-Gitarre: Christoph Schultheiß; Baßgitarre: Martin Schmid; Drums: Marius Wankel

Sie glauben, Kiffen sei ein Kavaliersdelikt und Marihuana, die am häufigsten konsumierte illegale Droge, richte doch wohl kaum nennenswerte Schäden an? Falsch gedacht! Nehmen Sie als abschreckendes Beispiel diese gar furchtbare Geschichte: Das junge Liebespaar Jimmy und Mary blickt in eine solide und glückliche Zukunft – bis Jimmy auf den skrupellosen Dealer Jack trifft. Ein Zug am Joint, und der brave Teenager verwandelt sich in einen hemmungslosen Junkie, den nicht mal mehr Jesus persönlich auf den rechten Weg zurückführen kann!

Basierend auf einem realen Aufklärungsfilm aus dem prüden Amerika der 1930er Jahre, präsentiert das erfolgreiche Off-Broadway-Musical die Geschichte von Jimmy und Mary als skurrile Komödie mit sarkastischen Untertönen und eingängigen Songs, irgendwo zwischen The Rocky Horror Show und Der kleine Horrorladen. Das Staatstheater am Gärtnerplatz und die Bayerische Theaterakademie präsentieren diese Neuentdeckung als erstes deutsches Theater in Kooperation mit dem Musicalstudiengang der Hochschule für Musik und Theater.

Schneewittchen

Stückentwicklung des 1. Jahrgangs des Studiengangs Schauspiel
Regie: David Shiner

Mit: Svetlana Belesova, Sebastian Griegel, Daniel Holzberg, Barbara Krzoska, Olga von Luckwald, Maren Pertiet, Klaus Steinbacher, Jakob Tögel

1973Paranoia

Simultanes Musiktheater

Premiere: 30. November 2013
Akademietheater

Music Supervisor: Tobias Peschanel
Inszenierung: Levin Handschuh
Dramaturgie: Swetlana Boos
Choreographie/Video: Robert Söderström

Das Jahr 1973: Damals, vor genau vierzig Jahren ist die Watergate-Affäre auf ihrem Höhepunkt. Ihr Protagonist, US-Präsident Richard Nixon führt geschickt die Kunst der medialen Selbstinszenierung vor – und scheitert. Ein Abhörskandal, der Geschichte schreibt, aber bereits in Vergessenheit zu geraten scheint.

Im gleichen Jahr werden die ersten Songs für das Musical Chicago geschrieben, die Vertonung eines Stoffes, der in den 1920ern seine Wurzeln hat. In dessen Zentrum stehen Roxie und Velma; Zwei Frauen, die dank eines Verbrechens ins Blitzlichtgewitter der Öffentlichkeit geraten und sich darin komplett neu erfinden. Der Stoff erlebt 2003 ein Revival durch die Verfilmung von Chicago durch Rob Marshall.

Deutschland 2013: Pünktlich zum vierzigjährigen Watergate-Jubiläum erschüttert ein weiterer Abhör-Skandal die Welt, zumindest ein bisschen. Und die Velmas und Roxies des neuen Jahrtausends erfinden sich inzwischen täglich neu, mit bis zu 100 Megabit pro Sekunde. Wie kann man mit der Überforderung durch diese Daten- und Informationsflut umgehen, wo befinden sich die Zusammenhänge? 

In 1973Paranoia, einer Musiktheater-Performance, die simultan in zwei Räumen stattfindet (1973: Chic'’A’Gogo – Eine Musical-Soirée in Akademietheater Mitte sowie 1973: Frost/Nixon – Eine Abhör-Collage in Akademietheater Ost), wird versucht, das Vergangene zu vergegenwärtigen und die Gegenwart aus der Vergangenheit zu betrachten, um der Überforderung vielleicht ein wenig beizukommen. Immerhin ist Jubiläum.

Absolventenvorsingen 2013

29. November 2013
Großes Haus im Prinzregententheater


Mit: Eric Ander, Frauke Burg, Heeyun Choi, Ludwig Mittelhammer, Katharina Preuß, Katharina Ruckgaber, Marios Sarantidis, Anna Maria Thoma, Eleonora Vacchi, Jae Won Yun

Die Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs Musiktheater/Operngesang der Theaterakademie August Everding und der Hochschule für Musik und Theater München präsentieren sich.

Absolventenvorsprechen 2013

4. November 2013
Akademietheater

Der Abschlussjahrgang des Studiengangs Schauspiel der Theaterakademie August Everding / Hochschule für Musik und Theater München stellt sich mit einem szenischen Programm vor.

Mit: Kim Bormann, Michael Glantschnig, Fanny Krausz, Marco Michel, Alexander von Säbel, Béla Milan Uhrlau, Johanna von Gutzeit, Daron Yates 

Imeneo

Dramma per musica in drei Akten von Georg Friedrich Händel
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Premiere: 30. Oktober 2013
Reaktorhalle

Musikalische Leitung: Joachim Tschiedel, Maria Fitzgerald
Inszenierung: Mira Ebert
Bühne und Kostüme: Ivan Bazak
Dramaturgie: Cordula Demattio
Barockorchester des Studios für Historische Aufführungspraxis der Hochschule f. Musik und Theater München  

Mit: Eric Ander, Jan Nash, Idunnu Münch, Eleonora Vacchi, Soomin Yu, Jaewon Yun, Frauke Burg, Josephine Renelt, Carl Rumstadt, Marios Sarantidis

Rosmene und Clomiri sind verschwunden. Argenio und Tirinto quälen sich in Sorge um die Vermissten, als plötzlich Imeneo die Szene betritt. Er hat die beiden jungen Frauen vor ihren Entführern gerettet und fordert nun zum Lohn die Hand Rosmenes. Diese jedoch liebt Tirinto und hofft einer Entscheidung entgehen zu können. In Argenio, der die gesellschaftlichen Regeln gewahrt sehen will, findet Imeneo einen vehementen Fürsprecher, Tirinto hingegen kämpft um die Beziehung zu Rosmene und muss doch mit ansehen, wie diese unter dem Druck zu wanken beginnt.

Mit Imeneo hat Händel ein intimes Kammerspiel geschaffen, das die Beziehungen zwischen den Protagonisten, ihre Wünsche und Hoffnungen wie auf dem Seziertisch offen legt. Er folgt dabei einer Vorlage des Dichters Silvio Stampiglia, der Imeneo als ein sogenanntes "Componimento drammatico", ein halbszenisch angelegtes Werk anlässlich einer Hochzeit im Jahr 1723 verfasst hatte. Händel selbst arbeitete über mehrere Jahre an seiner Oper bevor sie schließlich im Jahr 1740 am Londoner Lincoln’s Inn Fields Theatre zur Uraufführung kam. Es ist seine vorletzte italienische Oper – dasjenige Genre, das über dreißig Jahre lang den Mittelpunkt seines Schaffens dargestellt hatte – bevor er sich ausschließlich der Komposition von Oratorien widmet.

Unter der musikalischen Leitung von Joachim Tschiedel und Maria Fitzgerald erarbeiten Studenten des Master- und Diplomstudiengangs Operngesang/Musiktheater Händels Imeneo gemeinsam mit der Regisseurin Mira Ebert.