Archiv 2011/12

EigenArten International: Heimsuchung - Nawiedzenie

Eine Annähreung an Bruno Schulz

Premiere: 21. Juli 2012
Akademietheater Ost

Konzept und Dramaturgie: Anna Schweiger, Jutta Kriegsmann
Bühne und Kostüm: Linda Sollacher
Musik: Anna Korsun

Mit: Agnieszka Bednarz, Kim Bormann, Joanna Chulek, Kasia Gocal, Kasia Kania, Daniela Komedera, Krystian Lyson, Marco Michel, Aneta Orlik, Karol Pruciak, Piotr Wach und Joanna Wydra

Die Schönheit ist nämlich eine Krankheit, lehrte mein Vater, sie ist so etwas wie das Frösteln einer geheimnisvollen Infektion, der dunkle Vorbote des Verfalls, der im Inneren der Vollkommenheit entsteht und von der Vollkommenheit mit dem Seufzen höchsten Glücks begrüßt wird.
Das Sanatorium zur Sanduhr – Der andere Herbst

Alles lebt, wächst und wuchert, wenn der polnisch-jüdische Schriftsteller und Zeichner Bruno Schulz (1892-1942) die verlorene Welt seiner Kindheit mythisiert: die provinzielle Heimatstadt am Rande der westlichen Zivilisation, ihre Bewohner, vor allem aber seine Familie.
In seinen Erzählungen Die Zimtläden haucht er seinen Erinnerungen Leben ein und lässt jede Hautfalte, jede Bodenritze und jeden Sonnenstrahl spürbar werden. Phantastische Gestalten und labyrinthische Orte ranken sich aus den autobiographischen Motiven empor. Eine durch und durch magische Welt entsteht.
Ihr Zentrum ist der greise Vater. Der halb kindlich-naive, halb erwachsen-reflektierte Erzähler taucht in die Phantasmagorien seines Vaters ein und wird doch immer wieder von der bitteren Realität eingeholt. Der Vater ist krank.
Dies ist die Keimzelle für das Experiment Heimsuchung/Nawiedzenie, in dem sich ein junges Ensemble aus polnischen und deutschen Studierenden dem Kosmos Bruno Schulz nähert. Der Abend entsteht als work in progress über das Experimentieren mit kollektiven Gestaltungsformen. Der konzentrierten konzeptuellen und choreographischen Arbeit in Teilgruppen folgt der direkte Austausch in gemeinsamen Workshops. Durch die Tänzer und Schauspieler erlangt die Bildgewalt der polnischen Prosa körperlichen Ausdruck, und wird, bereichert durch Polnisch und Deutsch, zur nonverbalen Muttersprache der Inszenierung.

Die Akteure tauchen ein in die Materie Krankheit und ergründen ihr Wesen in ihren grausamsten und schönsten Facetten. Gemeinsam erzählen sie von Kontrollverlust. Dem immanenten Schrecken und der Freiheit. Es ist die Geschichte einer Metamorphose. Die Geschichte von etwas Unabwendbarem.

Überfluss: Ein Vortrag

Ein Vortragsabend von und mit Oliver Zahn, Hannah Schopf, Sarah Grunert und Johannes Meier

Premiere: 12. Juli 2012, 20.30 Uhr
Akademiestudio

Inszenierung: Oliver Zahn
Bühnenbild: Alena Georgi
Kostüme und Bühnenbildassistenz: Florina Vilgertshofer
Dramaturgie: Hannah Schopf
Licht: Georg Boeshenz

Mit: Sarah Grunert, Johannes Meier

(WILDE) Mann mit traurigen Augen

von Händl Klaus

Premiere: 12. Juli 2012
Akademiestudio

Inszenierung: Levin Handschuh
Dramaturgie: Jessica Schüßel, Philine Kleeberg
Bühne und Kostüm: Linda Sollacher

Mit: Linda Löbel, Michael Gaschler, Emanuel Megersa

Wir schlafen nicht

von Kathrin Röggla

Premiere: 5. Juli 2012
Marstall / Residenztheater

Regie: Gregor Turecek
Bühne: Maximilian Lindner
Dramaturgie: Matthias Döpke
Konzeptionelle Mitarbeit: Manuel Schmitt
Kostüm: Johanna Hlawica

Wir schlafen nicht, wir arbeiten. Wir leben in einer Hochleistungsgesellschaft. Wir werden getestet, jederzeit. Ein Dauerstrom aus Reizen, Informationen und Impulsen verändert die Ökonomie unserer Aufmerksamkeit. - jedenfalls könne man nicht mehr von psychisch ungestörten menschen ausgehen. - vielleicht brauche sie diese kathartische erfahrung, dieses "ich-habe-überlebt-ding", wobei sie sagen müsse: so richtig überlebt habe man dann meist nicht.

Kathrin Röggla, geboren 1971 in Salzburg, lebt in Berlin. Für ihre Prosawerke, Theatertexte und Hörspiele erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, 2012 etwa den Arthur-Schnitzler-Preis und den "Mainzer Stadtschreiber"-Preis. wir schlafen nicht erschien 2004.

Die Aufführungen im Marstall sind der Abschluss eines auf drei Semester angelegten Kooperationsprojektes der Theaterakademie mit dem Residenztheater. Das Regieteam, bestehend aus Studenten der Studiengänge Regie, Bühnenbild und Dramaturgie, präsentierte ihr Inszenierungskonzept im März 2012 in Anwesenheit der Autorin einer Jury aus Vertretern beider Institutionen, darunter dem Intendanten Martin Kušej und Klaus Zehelein, dem Präsidenten der Theaterakademie August Everding. Es spielen Ensemblemitglieder des Residenztheaters und Absolventen des Studiengangs Schauspiel.

In der Veranstaltungsreihe "Marstall-Plan" werden die Arbeiten junger Theatermacher an gemeinsamen Abenden präsentiert. Vier der sechs Produktionen, darunter wir schlafen nicht, werden im Juni auf dem Schwere-Reiter-Gelände am Leonrodplatz entwickelt, ehe sie im Juli im Marstall zur Aufführung kommen. In den ehemaligen Fabrikhallen entsteht in dieser Zeit ein "Kreativ-Labor", in dem Studierende, Nachwuchstalente und Betriebsprofis aufeinandertreffen.

Das schlaue Füchslein

Oper in drei Akten von Leoš Janácek.
Dichtung nach einer Novelle von Rudolf Tesnohlídek.
Deutsch nach dem tschechischen Original von Peter Brenner unter Verwendung der Übersetzung von Max Brod. 

Premiere: 19. Juni 2012
Großes Haus im Prinzregententheater

Musikalische Leitung: Andreas Kowalewitz / Joachim Tschiedel
Regie: Rosamund Gilmore
Bühnenbild: Friedrich Oberle
Kostüme: Nicola Reichert
Dramaturgie: Isabelle Kranabetter  / Christoph Maier-Gehring 

Mit: Studierenden des Studiengangs Gesang / Musiktheater, Ensemble, Mitglieder des Kinderchors, Extra-Ballett, Chor und Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz

 

Die Abenteuer der Füchsin Schlaukopf  - so die wortgetreue Übersetzung des tschechischen Originaltitels Prìhody lišky Bystroušky – ist vielleicht Leoš Janáceks populärste Oper. Nicht selten verstellte die weit verbreitete Ansicht, bei Füchslein Schlaukopf handle es sich um die Heldin einer putzigen Kinderoper, den Blick auf die Tiefgründigkeit dieses späten Meisterwerks Janáceks.
Die in mehreren Episoden erzählte Lebensgeschichte einer Füchsin und ihre Begegnungen mit Mensch und Tier – von ihrer Gefangennahme durch den Förster, den Ausbruch in die Freiheit über Hochzeit und Mutterdasein bis zu ihrem Tod - will Janácek im Sinne einer Parabel beispielhaft für das menschliche Dasein verstanden wissen. Als das Werk eines Siebzigjährigen weist Das schlaue Füchslein nicht nur biographische Anklänge an seine Liebe zu einer 38 Jahre jüngeren, in ihrer Freiheitsliebe inspirierenden Frau auf – am Ende der Oper stehen das Bewusstsein über das natürliche Werden und Vergehen allen Lebens sowie die Feier eines sich in Freiheit erfüllenden Eros. 
Diese Tiefe und Vielschichtigkeit der Empfindungen spiegelt sich auch musikalisch im großen Ausdrucksreichtum der Partitur. Überschwängliche, rhythmusbetonte Anspielungen auf die mährische Folklore stehen im Wechsel mit nostalgischen Klangfärbungen oder seufzenden Melodiebögen und finden sich in einer klaren, sensiblen Instrumentation wieder.

Unser Kandidat

Eine Stückentwicklung mit Texten von Ewald Palmetshofer

Regie: Jochen Schölch
Kostüme: Cornelia Petz
Licht: Benjamin Schmidt
Choreographie: Katja Wachter
Musikalische Leitung und Komposition: Friedrich Rauchbauer 
Dramaturgie: Lina Marie Frei, Moritz Schleissing, Katharina Schöfl

Premiere: 14. Juni 2012
Metropoltheater München

Mit: Kim Bormann, Michael Glantschnig, Fanny Krausz, Marco Michel, Alexander Sablofski, Béla Milan Uhrlau, Johanna von Gutzeit, Daron Zakaryan

In unserer kapitalistisch geprägten Gesellschaft ist alles auf Leistung und Effizienz ausgerichtet. Doch Leistung allein reicht nicht. Man muss aus der Masse herausragen, um einen hohen Status unter den Mitstreitern zu erringen. Dazu ist eine außergewöhnliche Persönlichkeit vonnöten. Diese zu entwickeln und Erfahrungen zu machen, ist schwer und zeitaufwendig. Einfacher ist es, eine Individualität zu konstruieren und sich je nach Umgebung neue Persönlichkeitsmerkmale anzueignen. Erst dann kann der Aufstieg gelingen.
Der individuelle Mensch mit seinen persönlichen Fähigkeiten genügt nicht mehr - er muss alles können.

Volo di Notte

Oper in einem Akt von Luigi Dallapiccola 
nach dem Roman Vol de Nuit von Antoine de Saint-Exupéry

Premiere: 12. Juni 2012
Akademietheater

Musikalische Leitung: Tobias Peschanel
Inszenierung: Igor Pison
Bühne und Kostüme: Evelin Maria Arwek
Dramaturgie: Markus Hänsel
Licht: Michael Bauer
Ton: Sebastian Heiland
Maske: Stella Refle, Antonia Bein

Mit: Peter Neff, Florian Drexel, Dafni Georgali, Iris Kunz, Kathrin Filip, Philipp Lind, Tobias Peschanel, Susanna Klovsky, Claus Hierluksch, Philipp Euen,Kangrok Nam

Ein Flugfeld bei Buenos Aires, um 1930. In der Pionierzeit der Luftfahrt hat der Flugliniendirektor Rivière Nachtflüge eingeführt, um Luftfracht effizienter transportieren zu können. Die Gefährlichkeit dieses Unterfangens wird in der Nacht, in der die Oper spielt, deutlich: Die Maschine des Piloten Fabien gerät auf dem Flug aus Patagonien in einen Orkan. Fabiens Frau, die ihren Mann erwartet, wirft Rivière vor, die Menschen um der Idee des „starken Lebens“ willen zu opfern. Während Rivière über den Funker Kontakt zu Fabien hält, wird deutlich, dass die Lage für den Piloten aussichtslos ist. Als der Kontakt abbricht, ist das Bodenpersonal schockiert vom Absturz der Maschine; Rivière veranlasst unterdessen den pünktlichen Start der nächsten Maschine nach Europa.

Dallapiccolas erstes Bühnenwerk, entstanden Ende der 30er Jahre im faschistischen Italien, thematisiert die Opposition zwischen dem effizient seine Ideale verfolgenden, aber vom Schreibtisch aus operierenden Rivière und dem Piloten Fabien, der auf dem Nachtflug Leib und Leben riskiert, um die Fracht rechtzeitig ans Ziel zu bringen. Die Gegensätzlichkeit der Gefühlszustände des Technokraten Rivière, der verzweifelten Ehefrau, des schockierten Personals und des durch den Funker verkörperten Piloten Fabien fasst Dallapiccola durch den Rückgriff auf verschiedene Kompositionstechniken: Stilelemente geistlicher Musik des Mittelalters werden ebenso verarbeitet wie Zwölftonmusik nach dem Vorbild Schönbergs.

Der Regiestudent Igor Pison legt mit dieser Inszenierung sein Diplom an der Hochschule für Musik und Theater und der Theaterakademie August Everding ab.

Avenue Q

Musical von Robert Lopez und Jeff Marx 
Buch von Jeff Whitty
Lieder und Dialoge in deutscher Sprache

Premiere: 12. Juni 2012
Deutsches Theater München

Musikalische Leitung: 
Philip Tillotson 
Regie: Reinhardt Friese
Choreographie: Michael Schmieder
Bühne und Kostüme: Annette Mahlendorf
Dramaturgie: Valeska Stern

Band: 
Die Avenue Q-Band

Mit: Denis M. Rudisch, Dustin Smailes, Sascha Luder, Benjamin Merkl, Charlotte Thompson, Julia Klemm, Birgit Reutter, Kathrin Hanak, Christian Fröhlich, Pascal Höwing, Corinne Steudler und Manuel Dengler 

So war das damals in der Sesamstraße: Kermit, ein grasgrüner Frosch aus Stoff und Filz, stellt voller Stolz den Buchstaben W auf eine Mauer.
Während er ihn noch verzückt-versunken betrachtet, schnellt schon das unersättliche Krümelmonster heran und frisst in einer Windeseile einen Balken nach dem anderen vom W ab. Vor Schreck erstarrt muss Kermit zuschauen, wie sein W zum N, zum V und schließlich zu einer kargen 1 abgenagt wird. Vier Buchstaben hat die amerikanische Serie Sesamstraße mit dieser Szene ihrem Kinderpublikum nähergebracht. In den 60er Jahren ins Leben gerufen war es ihr Ziel, Vorschulkindern auf spielerische Art ein einheitliches Grundwissen zu vermitteln.

Dieselbe Kombination von Erziehung und Unterhaltung liegt auch dem Musical Avenue Q zugrunde. Nur dass die aus der Sesamstraße bekannten plüschig-weichen Muppets hier nicht mehr mit Buchstaben hantieren, sondern sich in der nicht jugendfreien Erwachsenenwelt befinden, in der Homosexualität, Rassismus und Obdachlosigkeit regieren. Erzählt wird die Geschichte des Collegeabgängers Princeton, der in die Avenue Q zieht, um eine Welt außerhalb des Studiums kennenzulernen. Statt des idealen Zukunftstraums, der den Kindern durch die Sesamstraße vermittelt wird, müssen Princeton und seine unterschiedlichen Mitbewohner das wahre, desillusionierte Leben erfahren. Sie singen sich durch entstehende und auseinanderbrechende Liebesbeziehungen, sexuell-anregende Träume oder enttäuschte Hoffnungen. Das reale Erwachsenenleben hat die illusionsreiche Kinderwelt abgelöst. So wird das verfressene Krümelmonster in Avenue Q zum pornosüchtigen Trekkie Monster, das statt Keksen Pornos verfallen ist und anstatt Buchstaben abzunagen die Vorstellungen seiner Nachbarin Kate von der rein wissenschaftlichen Nutzung des Internets zerstört.

Das mit drei Tony-Awards ausgezeichnete Musical Avenue Q ist die dritte Zusammenarbeit der Theaterakademie August Everding mit dem Deutschen Theater München. Nach Rent und Frühlingserwachen widmen sich die Absolventen des Musicaljahrgangs 2012 nun der Herausforderung, Filz-Stoff-Puppen zum Leben zu erwecken und neben ihnen als ihr Puppenspieler oder als eigenständige Figur zu bestehen.

EigenArten: Alienation

von Fake(to)Pretend

Premiere: 1. Juni 2012
Schauburg

Text und Inszenierung: Benno Heisel
Dramaturgie: Simone Niehoff, Tobias Ginsburg
Bühne: Stefan Britze
Videoinstallation: Ulrich Eisenhofer
Musik: Beni Brachtel 
Lichtdesign: Charlotte Marr
Maske: Bianca Bättig, Alisza Pfeiffer
Produktionsleitung: Tobias Ginsburg

Mit: Gisa Flake, Jaime Villalba-Sánchez, Konrad Wipp

Eine Frau strandet auf  einer düsteren Welt, in einer reinen Männerkolonie. Überall lauern Gefahren, von außen wie von innen. Denn mit ihr ist noch etwas anderes auf diesem mysteriösen Planeten gelandet. Nach den Regeln der Science Fiction muss sie sich entscheiden: Werde ich Opfer oder Heldin? In Alienation versucht eine Schauspielerin, diese Geschichte weiblicher Selbstbehauptung zu erzählen – auch gegen die Regeln des Genres. Sie ist umgeben von einer Theatermaschine, die Mittel und Gegner zugleich ist. Ein Kampf mit und gegen den Strom der Bilder, Klänge und Medien entspinnt sich.

Alienation
ist ein multimediales Schattentheater, das moderne Mythen von Weiblichkeit, Geschlechterrollen und Gewalt erforscht. Historisch betrachtet war Schattentheater ein Medium, um Erzählungen vom Unheimlichen, Uneigentlichen und Unendlichen erfahrbar zu machen. Fake[to]Pretend wagt ein Experiment, das Altes und Neues zusammenbringt: Schattentheater und technisch-visuelle Innovationen. 

Nach Nestbeschmutzung und Malinche ist Alienation die dritte Produktion der Theatergruppe Fake[to]Pretend, die an der Schnittstelle von bildender und darstellender Kunst, von Wissenschaft und Praxis arbeitet. Das Kollektiv entwickelt politisch ausgerichtete, performative Ästhetiken. Ihre Mitglieder sind Studierende sowie Absolventinnen und Absolventen der Theaterakademie August Everding.

Alienation ist eine Kooperation der Theaterakademie August Everding mit der Schauburg, dem Theater der Jugend München. Mit ihren Reihen EigenArten und NEXT GENERATION bieten beide Institutionen eine Plattform für Theateruntersuchungen und experimentelle Ansätze. 

L'inganno felice

Farsa in un atto von Gioachino Rossini
Libretto von Giuseppe Maria Foppa 

Premiere: 31. Mai 2012
Akademietheater 

Musikalische Leitung: Daniel Stratievsky, Neil Valenta
Inszenierung: Manuel Schmitt
Bühne und Kostüme: Rosalie Razavian
Dramaturgie: Ursula Suwelack

Orchester: Arcis-Ensemble

Mit: Richard Resch, Frauke Burg, Bonko Karadjov, Daniel Makra, Carl Rumstadt

Die Herzogin Isabella wird zu Unrecht durch ihren Diener Ormondo der Untreue bezichtigt. Ihr Mann Bertrando glaubt dem Verleumder und befiehlt diesem und seinem Untergebenen Batone, die geliebte Ehefrau zu beseitigen. Die beiden begehen jedoch bei der Auftragserledigung einen verhängnisvoll dilettantischen Fehler: Sie setzen Isabella lediglich in einem Boot auf dem Meer aus und überlassen sie ihrem Schicksal, ohne sich ihres tatsächlichen Todes zu vergewissern. Isabella überlebt den Mordversuch, wird an einen Strand gespült und dort von dem Bergwerksarbeiter Tarabotto gerettet.

Dies, durchaus an die Story eines Mafiafilms erinnernd, ist der Ausgangspunkt für Rossinis Farsa in un atto; die Handlung der Oper setzt einige Jahre später ein, als sich der Herzog – unterdessen zum zweiten Mal verwitwet – auf den Weg zu Tarabottos Bergwerk macht, um wegen kriegerischer Unternehmungen die Gegend auszukundschaften. Getarnt als Tarabottos Nichte treffen Isabella, Bertrando, Batone und Ormondo aufeinander, und es beginnt ein zuweilen heiter-naives, zuweilen rührselig-dramatisches Versteckspiel, in dem sich die Figuren abwechselnd er- und verkennen. Die Gemüter erhitzen sich, die Situation wird immer gefährlicher – bis schließlich ein weiterer Mord geplant wird… 

All diese Verwirrungen und Gefühlsaufwallungen garniert Rossini in seinem ersten großen Opernerfolg aus dem Jahre 1812 mit einer geradezu verwirrend spritzigen und mitreißenden Musik, die ab den ersten Takten der Ouvertüre mit einem unerbittlich vorantreibenden Rhythmus in ihren Bann zu schlagen weiß. Daraus resultiert ein Bruch zwischen dramatischem Text einerseits und Unbeschwertheit und Leichtigkeit der Musik andererseits, der auch für Rossinis spätere Werke charakteristisch ist. Regiestudent Manuel Schmitt spürt den Kontroversen in diesem zwischen Comédie larmoyante und opera buffa changierenden Einakter nach. Seine musikalischen Partner sind dabei das Arcis-Ensemble der Hochschule für Musik und Theater München unter der Leitung von Daniel Stratievsky und Neil Valenta. Lange Zeit von den Spielplänen der Opernbühnen verschwunden, beweist die tragisch-komische Farsa, wie erfindungsreich der berühmte Komponist bereits lange vor seinen Klassikern
Il Barbiere di Siviglia und La Cenerentola war.

Der Streit

Schauspiel von Pierre Carlet de Marivaux
In einer Übersetzung von Gerda Scheffel

Premiere: 12. Mai 2012
Akademietheater

Inszenierung: Malte C. Lachmann
Bühne: Stefan Britze 
Kostüm: Martha Pinsker
Dramaturgie: Friederike Weidner 

Mit: Agnes Kiyomi Decker, Elinor Eidt, Arno Friedrich, Ursula Berlinghof, Fabian Stromberger, Joachim Völpel

Vier Jugendliche leben seit 18 Jahren eingesperrt - ohne jeden Kontakt untereinander, völlig isoliert von der Außenwelt. Als "unberührte, neue Seelen wie die allerersten" sollen sie den gesellschaftlichen Urzustand simulieren, den Menschen zeigen, wie er ohne soziale Beeinflussung lebt und handelt – und damit herhalten für ein wissenschaftliches Experiment. 

Der Prinz und seine Freundin Hermiane erkennen die Brutalität dieses Menschenversuchs und befreien die Jugendlichen. Von der neuen Situation, der plötzlichen Unbegrenztheit und der ersten Begegnung mit anderen Menschen völlig überfordert, bedürfen sie der Hilfe ihrer Befreier. Wie sollten sie in der Gesellschaft überleben können, ohne zu wissen, was eine "Welt" ist, wer sie selbst sind, was "Mann" heißt, und was "Frau"? Ohne die Bedeutung zu kennen von Freundschaft und Gemeinwohl? Ohne erlebt zu haben, wie wichtig Freiheit und Achtung sind? Sie müssen erlernen, wie man ein Gegenüber respektvoll behandelt; den Wert von Treue und Wahrheit erfahren. Von Bildung und Gerechtigkeitsliebe. Von Empathie und Solidarität. Von Toleranz und Gemeinschaft. Von Anstand und Nachhaltigkeit. Von Frieden und Demokratie!

Der Streit
 ist ein studiengangsübergreifendes Projekt mit Studierenden der Theaterakademie August Everding und freien Schauspielern unter der Leitung des Regiestudenten Malte C. Lachmann, der nach zahlreichen Produktionen an der Akademie und anderen Theatern nun hier seinen Abschluss macht.

Wohltemperierte Gemütlichkeit

Ein Pasticcio über Orpheus in der Unterwelt
Mit Musik von Philip Glass, Hans Werner Henze, Ernst Krenek, Jacques Offenbach und Claudio Monteverdi u.a.
In einer Fassung von Clara Hinterberger, Judith Kurz und Benedikt I. Stampfli

Premiere: 30. April 2012
Reaktorhalle

Musikalische Leitung: Ulrich Nicolai
Inszenierung: Clara Hinterberger
Bühne und Kostüm: Anika Söhnholz
Dramaturgie: Judith Kurz, Benedikt I. Stampfli
Musikalische Einstudierung: Tobias Peschanel

Arcis-Ensemble und Band kapitalspektakel / systemgüter / +

Mit: Frauke Burg, Florian Drexel, Gustavo Castillo Estrada, Kathrin Filip, Bonko Karadjov, Danae Kontora-Papadopoulou, Andreas Nachtmann, Jan Nash, Katharina Preuss, Johannes Stermann, Anna Maria Thoma u.a.

Doch noch ist Musik! Erst war sie wild, Erd sang mir im Hals. Später kam Klang mir von der Spitze der Finger. Nun ist es wieder anders. Ich singe mit der Erd a cappella. 
 - Edward Bond (deutsche Übersetzung von Hans Werner Henze)


Orpheus in der Unterwelt. Zahlreiche opernliterarische Werke handeln vom Suchen und Scheitern dieser antiken Heldenfigur, die an der Grenze zwischen Diesseits und Jenseits sich in die Unterwelt begibt, um seine verstorbene Frau Eurydike zu finden. Seine Musik, sein Gesang, löst dort einen Moment des Stillstands aus – das Rad des Ixion stockt, Sisyphos ruht auf seinem Stein und die Götter selbst weinen zum ersten Mal in der Geschichte der Mythologie. Doch was sein Eindringen in diese Welt, in diese Gemeinschaft von Individuen, für Auswirkungen mit sich bringt, erfahren wir nicht.
Genau diese mythologische Leerstelle ist der gedankliche Ausgangspunkt des Abends. Welche absurden Begegnungen ereignen sich in dieser Momentaufnahme, welche Mechanismen und Verständigungsformen können wir erfahren, und wie verhält sich die Fremdheit eines Orpheus zu dieser Welt? Die Form des Pasticcio setzt sich auf der musikalischen Ebene mit genau diesen Fragen, hinsichtlich möglicher musikalischer Irritationen, Verständnisse und Missverständnisse, die in der gegenseitigen Begegnung dort entstehen können, auseinander.

Es scheint doch alles gut zu sein. Unmissverständlich herrscht ein wunderbarer Einklang – wir verstehen uns. Fremd sind immer nur die Anderen, das Andere, die von einem Missverständnis in das Nächste stolpern, auf der Suche nach Verständigung, nach etwas Verlorenem, nach Neuem. Doch irgendwann ist nicht mehr nur Orpheus auf der Suche nach seiner Eurydike, sondern jeder Einzelne scheint wie infiziert von dem Drang zu suchen, wonach gesucht werden muss – den Wunsch, eine Sehnsucht zu haben. 

Der einsame Weg

Schauspiel von Arthur Schnitzler

Premiere: 27. März 2012
Akademietheater

Inszenierung: Johanna Wehner
Bühne und Kostüme: Theresa Scheitzenhammer
Dramaturgie: Hannah Schopf

Mit: Sarah Grunert, Ines Hollinger, Maria Weidner, Sebastian Baumgart, Heiner Bomhard, Kevin Körber, Patrick Nellessen, James Newton, Rasmus Wirth

Der einsame Weg wird zumeist als ein Drama um die Einsamkeit im Alter angesichts eines erfüllten Lebens gelesen. Im Jahr des 150. Geburtstages Arthur Schnitzlers enthebt Johanna Wehner mit einem jungen Ensemble sein Werk jeder Zeitlichkeit und fokussiert grundsätzliche, vom Alter unabhängige menschliche Bedürfnisse: Den Traum, einen Traum zu haben.
Gezeigt wird eine Gesellschaft, die sich ihre Träume abtrainiert hat. Bedürfnis- und teilnahmslos stehen die Menschen sich selbst, den anderen, der Welt gegenüber.
Die Lebenszeit verkommt zur Selbstbeschäftigungstherapie: Die Gesellschaft arrangiert sich in perfekten Strukturen, verzweifelt versuchen die Menschen Beziehungen aufzubauen, um der eigenen Einsamkeit nicht ins Auge sehen zu müssen: Mutter, Vater, Kind. Wenn du mein Bruder sein willst, bin ich deine Schwester. Beziehungen, um die Leere zu füllen, Reden, um das Schweigen zu übertönen.

In immer wieder neuen Begegnungen versuchen die Menschen sich zu verorten, sich zu definieren. Sie ziehen dabei Vergangenheiten, angebliche Träume und Wünsche heran: Eigentlich wollte-hätte-müsste man doch... dabei dienen diese künstlichen Bedürfnisse und erfundenen Biografien wieder nur als Schutz vor der schmerzhaften Selbsterkenntnis: Ich müsste wollen, Teil einer Jugendbewegung zu sein. Es ist mir aber egal.

Und so dreht sich das Karussell der zufälligen Begegnungen, der Schein der Gemeinsamkeit bleibt, solang wir nur weiterreden –  bis eine Figur verschwindet. Johanna ist fort. Das System ist durchbrochen, aber ändert das etwas?

La vida breve

Drama lírico en dos actos von Manuel de Falla
Libretto von Carlos Fernándes-Shaw
In einer Fassung für Kammerensemble
In spanischer und deutscher Sprache

Premiere: 16. März 2012
Bühnenraum

Musikalische Leitung: Joachim Tschiedel
Inszenierung: Renate Ackermann
Bühne und Kostüme: Anika Söhnholz
Dramaturgie: Vera Gertz

Mit: Tizia Hilber, Aline Lettow, Florence Losseau, Dorothee Koch, Dorothea Spilger/ Gustavo Castillo Estrada, Peter Cismarescu, Mauro Peter, Marios Sarantidis, Sungmin Song

Salud, ein Mädchen aus einfachen Verhältnissen, wartet sehnsüchtig auf ihren Geliebten Paco. Dieser erscheint und beide beteuern sich gegenseitig ihre Liebe.
Kurz darauf erfährt Salud von Pacos Hochzeit mit Carmela, einer jungen Dame aus vornehmem Hause. Außerstande, das Geschehen klaglos mitanzusehen, stellt sie Paco während der Hochzeitsfeierlichkeiten zur Rede. Als er sie verleugnet, bricht sie tot zusammen.

Manuel de Fallas Oper La vida breve präsentiert Saluds Schicksal als ein unvermeidliches. Der Ausgang der Handlung steht schon zu Beginn fest. Unsichtbare Stimmen hinter der Bühne beklagen das Geschick derjenigen, deren Leben vornehmlich von Leid geprägt ist. Salud ist eine solche Unglückliche. Ohne Paco kann sie nicht leben. All ihre Energie fließt in ihre Liebe zu ihm. Ein glückliches Ende wird durch ihre soziale Stellung jedoch verhindert. 
De Falla bettet die minimalistische Handlung in eine von differenzierten harmonischen Farben und prägnanten Rhythmen geprägte Musiksprache ein. Er zeichnet eine Umgebung, eine Stimmung, ein Lebensgefühl. Die spanische Tradition des Flamenco und des Cante jonde sind ihm hierbei wichtige Quellen der Inspiration. De Falla benutzt diese Einflüsse allerdings nicht als folkloristisches Kolorit oder Zitat, sondern arbeitet sie in seine ganz eigene Klangsprache ein.

In der Produktion der Theaterakademie August Everdings ist de Fallas Musik in einer eigenen Bearbeitung für zwei Gitarren, Akkordeon und Schlagzeug zu hören.

Wo liegt der Hund?

Stückentwicklung nach einem Konzept von Sapir von Kleist und Tamara Pietsch

Premiere: 1. März 2012
Reaktorhalle

Inszenierung: Sapir von Kleist
Bühne und Kostüm: Beate Gölzner
Dramaturgie: Tamara Pietsch

Mit: Agnes Kiyomi Decker, Lilly Gropper, Sebastian Fritz, Benedikt Zimmermann

So, heute gehen wir in eine Gedenkstätte mit tragischem Hintergrund. Es wird nicht gegessen oder getrunken. Und wenn ihr aufs Klo müsst, dann geht jetzt. Ich will bei der Führung niemanden haben, der Krach macht oder quatscht oder mit seinem Handy rumspielt. Und wenn ihr das nicht hinkriegt, schmeiß ich euch da sofort raus. (Eine Lehrerin)

Die diesjährigen Absolventen des Studiengangs Schauspiel der Theaterakademie August Everding begeben sich in einen Entwicklungsprozess, der einer Versuchsanordnung gleicht: Nicht schon wieder das Dritte Reich! Darüber wissen wir doch alles. Das hatten wir in der Schule, darüber ist nun wirklich alles gesagt. Was sollen denn wir dazu noch sagen können? Die Suche beginnt. Sie graben sich durch Bücherberge und schälen beinahe unsichtbare Konservierungshäute von historischen Relikten. Tragen zu Grabe, was zu Grabe getragen werden will oder soll oder muss. Schweigen andächtig und singen feierlich. Wollen nicht Geschichte finden, sondern Geschichten, im Idealfall ihre eigenen oder doch zumindest die ihrer Generation.

Wer bin ich und wenn ja, was hat Hitler damit zu tun?
Um betretene Mienen wird gebeten.

Mich hat der Himmel vergessen...

Nach dem Buch "Die vom Himmel Vergessenen - Hundertjährige erzählen" von Ekaterina Tomowa

Premiere: 11. Februar 2012
Akademiestudio 

Für die Bühne eingerichtet von Silvia Armbruster
Ausstattung/Bühne: von Rosalie Razavian

Mit: 
Sybille Lambrich, Corinne Steudler, Christian Fröhlich, Stefanie Pütz, Jannik Harneit, Julia Hiemer, Laura Luppino

Konjunktur

Collage von Igor Pison

Premiere: 26. Januar 2012
Akademietheater

Inszenierung: Igor Pison
Bühne und Kostüm: Igor Pison 
Dramaturgie: Katrin Gellrich und Eva-Maria Trütschel

Mit: Iris Kunz, Olga Prokot, Andreas Mayer, Michael Gaschler, Manuel Renken

Lebenstraum Schauspieler. Um diesen Traum zu verwirklichen ist ein steiniger Weg vorprogrammiert. Karrieretiefpunkte und die damit verbundenen Geldnöte machen es schwierig, das Berufsziel geradlinig zu erreichen und zwingen dazu, Umwege in Kauf zu nehmen. Um der wirtschaftlichen Not und dem sozialen Abstieg zu entgehen, müssen viele eine berufsfremde Tätigkeit - z.B. in einem Call Center - ausüben.
In Konjunktur hat Regisseur Igor Pison gemeinsam mit Schauspielern, die dies schon einmal erlebt haben, eine Dokuperformance erarbeitet. Ihre persönlichen Erfahrungsberichte bilden die Basis von Konjunktur und münden in die Frage: Wie lebt man in dieser "eigenen Welt" des Call Centers? - Zwischen unmenschlichen Arbeitsbedingungen, Erfolgs- und Verkaufsdruck und den Gewissensbissen angesichts der fragwürdigen Tätigkeit. Hineingeworfen in eine Arbeit, die einen mit anderen verbindet und doch auf Distanz bleiben lässt. Einer redet, der andere will meist nicht und muss trickreich dazu gebracht werden. Beide sagen etwas – doch kommt es zu einer wirklichen Verbindung oder reden sie nur aneinander vorbei? Das Call Center, das lediglich überbrückendes Element im eigenen Lebenslauf sein sollte, versetzt durch diesen täglichen Arbeitswahnsinn in eine "graue Blase", die eine zukunftsorientierte Sicht schwierig macht. 
Und doch kommt in Igor Pisons Inszenierung immer wieder eine leise Stimme zu Wort, die innerhalb dieses Betriebs Spuren von Menschlichkeit aufzeigt…

Schwarze Jungfrauen

Schauspiel von Feridun Zaimoglu und Günter Senkel

Premiere: 17. Dezember 2011
Akademietheater

Inszenierung: Malte C. Lachmann
Musikalische Leitung: Dean Wilmington
Bühne und Kostüme: Denise Henschl
Choreographie: Daniel Feik
Dramaturgie: Daphne Ebner

Mit: Sarah Grunert, Sybille Lambrich, Charlotte Thompson, Kevin Körber und Patrick Nellessen

Schwarze Jungfrauen erzählt die Geschichte junger Muslimas in Deutschland und stellt dabei die Frage, was es heißt, sich in unserer heutigen Gesellschaft zu seinem Glauben zu bekennen. "Wer hat Angst vor den Schwarzen Jungfrauen?", so wendet sich eine orthodoxe Muslima direkt an das Publikum. Zehn Monologe entstanden auf der Basis von Interviews, in denen die Autoren Feridun Zaimoglu und Günther Senkel junge Muslimas in Deutschland zu ihren individuellen Glaubenssätzen befragten. Die Frauen sind dabei so unterschiedlich, wie ihre Vorstellungen vom Islam selbst: die bosnische Muslima, die auf der Suche nach der wahren Liebe ihre Jungfräulichkeit verteidigt. Das Berliner Party-Mädchen, das peinlich genau die fünf Gebete am Tag einhält. Die deutsche Konvertitin, die "den fremden Glauben in eigener Regie" verarbeitet hat und sich "ihren Glauben nicht von irgendwelchen daher gelaufenen Ausländer kaputt stinken lassen" möchte. Die Schülerin mit den guten Noten, die mit Osama bin Laden sympathisiert und im Unterricht offen zum Dschihad aufruft.

In einer Gesellschaft, die sich von Integrationskrisen geschüttelt und von Fundamentalisten bedroht glaubt, sind diese Neo-Musliminnen starker Tobak. Zum einen, weil einige ihrer Ansichten so radikal wie dumm sind. Dann, weil ihre Wut und ihr Stolz das Bild des braven, schamvoll verschleierten Weibchens Lügen strafen. Und schließlich, weil sich dahinter Erfahrungen und Verletzungen auftun, die durchaus mit einem vorurteilsgesättigten Klima und den Problemen des Lebens zwischen zwei Kulturen zusammenhängen. 
- Theater heute

Absolventenvorsingen 2011

25. November 2011
Großes Haus im Prinzregententheater


Mit: Beonghoon Chang, Sybille Diethelm, Magdalena Hinterdobler, Nam Young Kim, Eun Kyong Lim, Maria Pitsch, Ines Reinhardt, Johannes Stermann, Anna Stylianaki

Die Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs Musiktheater/Operngesang der Theaterakademie August Everding und der Hochschule für Musik und Theater München präsentieren sich.

La finta giardiniera

Dramma giocoso in tre atti von Wolfgang Amadeus Mozart
Libretto von Giuseppe Petrosellini (zugeschrieben)
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Premiere: 10. November 2011
Großes Haus aus Prinzregententheater

Musikalische Leitung: Alexander Liebreich
Inszenierung: Lydia Steier
Bühne: Peter Nolle
Kostüme: Thomas Kaiser
Dramaturgie: Judith Altmann, Vera Gertz

Mit: Dafni Georgali, Magdalena Hinterdobler, 
Katharina Preuss, Katharina Ruckgaber, Nam Young Kim, Anna Stylianaki, Ulrike Malotta, Dorothea Spilger, Byeonghoon Chang, Mauro Peter, Marko Cilic, Felix Schrödinger, Peter Cismarescu, Ludwig Mittelhammer

Münchener Kammerorchester

Liebe ist ein schwierig Ding. 
Was tun, wenn die Angebetete die eigenen Avancen zurückweist? Was, wenn eine Nebenbuhlerin einem den Platz streitig macht? Oder wenn man sich trotz tiefster Verletzungen einfach nicht von der einstmals geliebten Person lösen kann?
Die Figuren, die im Anwesen des Podestà Don Anchise aufeinandertreffen, sehen sich gleich mit all diesen Fragen konfrontiert: 
Ramiro liebt Arminda, Arminda den Grafen Belfiore. Der Podestà wirbt um Sandrina, Nardo um Serpetta, und Serpetta möchte ihren Dienstherrn, den Podestà, für sich gewinnen. Und zu allem Überfluss haben der Graf und Sandrina auch noch eine gemeinsame Vergangenheit …
Was wie eine shakespearesche Komödie oder Hollywoods aktuelle Sommer-Lovestory anmutet, ist die Ausgangssituation in Wolfgang Amadeus Mozarts Frühwerk La finta giardiniera

"Wenn Mozart nicht eine im Gewächshaus getriebene Pflanze ist, so muss er einer der größten Komponisten werden, die jemals gelebt haben", schrieb der Musiktheoretiker Christian Schubart unter dem Eindruck der ersten Aufführungen von
La finta giardiniera im Jahr 1775. Tatsächlich war die Uraufführung des Werks anlässlich der Münchener Karnevalssaison ein großer Erfolg. Danach wurde es still um die Finta – denn mit Ausnahme einer deutschen Singspielfassung von 1780 war ihr kein bleibender Erfolg vergönnt. Zu Unrecht, denn das Werk des erst Achtzehnjährigen deutet bereits viel von dem an, was Mozarts spätere Opern so einzigartig macht. 

Mozart spricht in dieser Oper erstmals eine sehr individuell geprägte musikalische Sprache. Er zeigt die ganze Palette seiner musikalischen Ausdruckskraft, wobei er die Opernkonventionen seiner Zeit bereits in Ansätzen hinter sich lässt. So entsteht ein komplexes Geflecht von sich wandelnden Stimmungen und Affekten – im Gegensatz zur starren Form der barocken Arie geht Mozart in seiner Komposition auf die Veränderlichkeit der Gefühle seiner Figuren ein und verleiht so ihren Charakteren eine neue Vielschichtigkeit und Plastizität.

Absolventenvorsprechen 2011

18. November 2011
Akademietheater

Der Abschlussjahrgang des Studiengangs Schauspiel der Theaterakademie August Everding / Hochschule für Musik und Theater München stellt sich mit einem szenischen Programm vor.

Mit: Agnes Kiyomi Decker, Sebastian Fritz, Lilly Gropper, Genija Rykova, Georg Stephan, Fabian Stromberger, Benedikt Zimmermann

Parzival

Stück von Lukas Bärfuss nach dem Versepos von Wolfram von Eschenbach 

Premiere: 5. November 2011
Reaktorhalle

Inszenierung: Manuel Schmitt
Bühne: Linda Sollacher
Kostüme:  Sebastian Dominic Auer, Julian Eicke
Dramaturgie: Philine Kleeberg, Tanja Landsberger

Mit: Kim Bormann, Michael Glantschnig, Julia Hiemer, Fanny Krausz, Marco Michel, Alexander Sablofski, Béla Milan Uhrlau, Johanna von Gutzeit, Daron Zakaryan

Des Königs Gemächt fault. Das schmerzt, und zwar nicht nur den Besitzer. Der Gral hat den König verflucht und dieser Fluch tyrannisiert die ganze Welt. Deshalb muss jemand her, der unwissend Mitleid äußert. Dann kann der König sterben und die Welt ist erlöst. Wovon? Das spielt keine Rolle, schließlich hat jeder sein Päckchen zu tragen. Erlösung braucht man immer. 
Ein Junge erscheint. Man kürt ihn in einer zwielichtigen Runde zum Erlöser. Er will das nicht, er will nur Ritter werden. Dafür gibt es eine Regel: Stell keine Fragen. Aber wie wird man Ritter, ohne zu fragen, wie das geht? Wie erkundigt man sich nach einem Leidenden, wenn man nicht fragen darf? Wie erlöst man die Welt von ihrem Leid? "Was wollt ihr denn, verfluchte Menschen", schreit Parzival – und fragt schon wieder. 
Lukas Bärfuss erzählt das mittelalterliche Heldenepos neu. 

Die Geschichte vom dummen Jungen aus der Einöde, der zum Gralskönig wird, hat Tradition. Vermutlich zwischen 1200 und 1210 schreibt Wolfram von Eschenbach die Heldensage mit christlicher Heilsmission und schafft damit eine Vorlage, die bereits vielfach bearbeitet wurde. So entsteht beispielsweise ab 1877 Wagners Oper
Parsifal aus gleichen Motiven.

2010 ist die Welt eine andere. Heil gibt es in Bärfuss' Parzival nicht mehr und Entwicklung schon gar nicht. Eine Welt im Umbruch stagniert. Verharrt. Resigniert. Hofft auf einen Erlöser, den es nicht gibt. Aber weil er so dringend benötigt wird, bastelt man sich einen. Für jeden sieht er anders aus, wichtig ist nur: die Verantwortung ist delegiert.